Diplomarbeit Elektronik
8. Juni 2015 - 13:33 Uhr Automation/Elektronik
Diplomarbeit Elektronik: Kamerabilder beim Landunganflug von REGA-Helikoptern

Zum Abschluss des sechssemestrigen Studiums Elektronik an der Höheren Fachschule Uster präsentierten Pascal Salathé und Mathieu Schmidhauser ihre Diplomarbeit:


Automatische Aufschaltung des Kamerabildes beim Landeanflug in Rega Helikoptern


Im Helikopter der Schweizerischen Rettungsflugwacht vom Typ AW109SP ist im Cockpit ein Monitor installiert, auf welchem verschiedene Karten in elektronischer Form dargestellt werden können. Der zweite Anwendungszweck des Cockpit Monitors ist die Darstellung eines Kamerabildes, welches durch eine sich unterhalb des Helikopters befindende Kamera erfasst wird. Diese Kamera ermöglicht dem Piloten bei der Landung, speziell in unwegsamem Gelände, eine optimale Sicht auf den Landeplatz. Die Umschaltung vom Kartenmodus zur Kamera erfolgt über eine Taste am Monitor. Diese Lösung ist unbefriedigend, weil bei der Landung die Arbeitslast für den Piloten ohnehin sehr gross ist. Da beide Hände zur Steuerung des Helikopters benötigt werden, ist es kaum möglich, überhaupt erst auf das Kamerabild umzuschalten.


Mit der realisierten Lösung, wird nun automatisch, aufgrund der aktuellen Fluglage, dass benötigte Signal (Kamera oder Karte) am Monitor angezeigt. Das mühsame, manuelle umschalten der Signalquelle am Monitor entfällt dadurch komplett. Dadurch kann sich der Pilot ganz auf seine bevorstehende Landung konzentrieren.


Pascal Salathé erklärt uns das Vorgehen bei der Diplomarbeit

Infolge meiner beruflichen Tätigkeit als Avioniker bei der Schweizerischen Rettungsflugwacht Rega, war mir folgende Ausgangslage bekannt:


Die an der Helikopterunterseite installierte Kamera zur Überwachung des Geländes bei der Landung kann nur manuell angewählt werden. Dies heisst, für den Pilot ist standardmässig die digitale Karte zur Orientierung auf seinem Bildschirm im Cockpit sichtbar. Will er das Kamerabild ansehen, muss er eine Hand von der Flugsteuerung nehmen und am Monitor den Quellenschalter betätigen. Im Moment des Landeanfluges in unwegsamem Gelände ist dies keine optimale Lösung, und somit wurde die durchaus sicherheitsfördernde Möglichkeit der Aussenboardkamera meist nicht genutzt. Daraus entwickelte sich unsere Idee, diesen Umschaltvorgang zu automatisieren. Unsere Herausforderungen dabei waren, möglichst wenige Änderungen am Helikopter zu tätigen, die bestehenden Systeme zu nutzen und die Flugsicherheit jederzeit zu gewährleisten. Unterstützt durch einen Piloten, haben wir als erstes das Lastenheft erstellt. Dabei ist uns bewusst geworden, dass es einen Unterschied macht, ob sich der Helikopter in einem Landeanflug, einem Start oder lediglich in einem Suchflug mit niedriger Flughöhe befindet. Im Weiteren muss für den Piloten, sobald sich der Helikopter wieder am Boden befindet, die digitale Karte im Bildschirm sichtbar sein.


Abfolge eines Fluges

Vereinfacht dargestellt, kann man die Abfolge eines Fluges in verschiedene Phasen unterteilen. Zusammen mit dem Piloten haben wir uns auf folgende Parameter festgelegt, bei deren Erfüllung im Anflug die Automatische Umschaltung zu erfolgen hat.

  • Höhe über Grund < 30m
  • Geschwindigkeit < 60km/h
  • Fahrwerk Ausgefahren
  • Schalter für Beleuchtung im Cockpit auf Stellung Tag

Der erste Schritt unserer Arbeit war, anhand der bestehenden Systeme, Möglichkeiten zu prüfen, welche unsere Anforderungen gemäss Lastenheft erfüllen können. Danach haben wir ein Blockschaltbild erstellt, welches aufzeigt, was unsere Hard- und Software für Signale zu verarbeiten hat.



Konzept der Diplomarbeit Elektronik

In der Konzeptphase haben wir dann verschiedene Varianten eines geeigneten Microcontrollers, SPI Empfängers und Netzteils verglichen und bewertet. Mittels Nutzwertanalyse wurde dann die jeweils Best mögliche Variante ausgewählt. Als diese bekannt war, konnte mit dem 

Hardware Design begonnen werden. Aufgrund dessen, dass alle Signale bereits in digitaler Form verfügbar waren, war dies eine einfache Angelegenheit. Auch das Layout des PCB war rasch erstellt. Dabei wurde vor allem auf eine kompakte Bauweise wert gelegt, galt es doch die neue Komponente möglichst platzsparend im Helikopter einzubauen. Einen deutlich grösseren Aufwand mussten wir mit der Software Programmierung betreiben. Als Programmiersprache wählten wir C, da wir diese von unserem HFU Unterricht bestens kannten. Einerseits galt es die SPI Schnittstelle zu konfigurieren um die bestehenden Flugdaten lesen zu können, andererseits die verschiedenen Flugzustände gemäss Lastenheft zu implementieren. Dazu erstellten wir eine Zustandsmaschine mit verschiedenen Modulen, welche unseren Flugphasen entsprechen.


Testing

Letztendlich galt es, die Schaltung zu testen. Da es aus luftfahrtrechtlichen Gründen nicht möglich ist, einen Prototyp in einem 

Luftfahrzeug zwecks Funktionstests einzubauen, mussten wir den ganzen Testaufbau extern und als eigenständige Einheit realisieren. Dies ermöglichte es uns jedoch, sämtliche Flugsituationen exakt und über einen längeren Zeitraum zu prüfen. So konnte man sicherstellen, dass alle Anforderungen erfüllt werden können und auch Flugsituation, welche in der Realität nicht ganz einfach zu simulieren gewesen wären, konnten geprüft werden. Die daraus festgestellten Erkenntnisse wurden analysiert und in eine überarbeitete Softwareversion implementiert. Danach erfolgte die Schlussabnahme, in welcher die Testresultate festgehalten wurden.



Realisation der Diplomarbeit im Team

Diese Diplomarbeit wurde im Zweierteam realisiert und hat uns nicht nur hinsichtlich unserer Fachkompetenz sondern auch in den Bereichen 

Projektmanagement, Kommunikation mit Stakeholdern und Arbeitsaufteilung im Team enorm viel gebracht. Unsere jeweiligen Stärken und Erfahrungen konnten optimal eingesetzt werden und dies war ein wichtiger Faktor zum erfolgreichen Gelingen dieses Projektes. Viele kleine Elemente, welche wir während der letzten sechs Semester im HFU Unterricht erlernt haben, sind mit dieser Arbeit in einer Einheit verschmolzen. Dinge die uns sehr theoretisch und realitätsfremd schienen, konnten optimal vertieft und praxisnah angewandt werden. Gleichzeitig konnten viele spannende Bereiche aus dem Arbeitsalltag genauer analysiert und die Fachkenntnisse erweitert werden. Die Diplomarbeit war der krönende und lohnenswerte Abschluss einer lehrreichen und spannenden Zeit an der HFU.


Pascal Salathé
Avioniker, Luftfahrzeugmechaniker mit Fachrichtung elektrische und elektronische Systeme

 

Mathieu Schmidhauser,

Field Engineer, Leiter Customer Support

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