«Erfolg haben muss man wollen»
Mit Thomas Brodbeck* sprach Benjamin Anderegg im Auftrag von ODEC (Schweizerischer Verband der dipl. HF)

Thomas Brodbeck begann seine berufliche Karriere als Elektriker und ist heute

Geschäftsführer und Dozent. Im Interview erzählt er, wie ihm Weiterbildungen berufliche

«Türen» öffneten und was er seinen Studierenden mit auf den Weg gibt.

 

Herr Brodbeck, Sie sind Lehrbeauftragter an der Hochschule Luzern und Dozent an der Höheren Fachschule Uster. Wie improvisieren Sie, wenn im Unterricht die Technik nicht funktioniert?

Da ich technisch sehr begabt bin, löse ich die meisten Probleme sehr schnell. Sämtliche meiner Dokumente sind immer auf der Cloud abgelegt, worauf ich stets zugreifen kann. Des Weiteren habe ich jeweils ein zweites Notebook mit den entsprechenden Werkzeugen dabei. Sollte zum Beispiel der Beamer ausfallen, mache ich mit den Studenten ein webbasiertes Online-Meeting und kann so weiter unterrichten. Sollte die ganze Technik nicht mehr funktionieren, gibt es zum Glück noch Wandtafel und Kreide.


Sie unterrichten Gebäude-Elektroingenieure/-innen des 4. Semesters im Fach Kommunikationssysteme (Telekommunikation und Informatik). Was wollen Sie den Studierenden mit auf den Weg geben?

Ich zeige Ihnen meinen Lebenslauf auf und erkläre, dass mit grossem Willen und Ehrgeiz alles möglich ist – ganz nach meinem Lebensmotto: «Träume und dein Leben wird wahr!»

 

Wo und wie haben Sie sich das Wissen angeeignet, das Sie im Unterricht weitergeben?

Das meiste Wissen habe ich in der Praxis bei verschiedenen Arbeitgebern gesammelt. Weiteres Wissen habe ich mir im meinem eigenen, hausinternen Labor selbst angeeignet. Dort teste ich auch meine neusten Telematik-Beschaffungen. Ich lese zudem ICT-Fachzeitschriften und besuche Weiterbildungen in diesem Bereich.

 

Wie wichtig ist Ihnen ein guter Draht zu den Studierenden?

Ein guter Draht zu meinen Studierenden ist für mich von grosser Wichtigkeit und Bedeutung. Ich will sie animieren, neben den Hausaufgaben das Gelernte in ihrer Praxis umzusetzen – sei es bei sich zu Hause oder im Geschäft. Meine Studierenden kommen sehr oft nach dem Unterricht zu mir mit privaten wie auch geschäftlichen Fragen, welche wir zusammen diskutieren. Es melden sich oft ehemalige Studierende bei mir, welche mich um einen Rat fragen – dies erfüllt mich mit Stolz und bestätigt mir, dass sich meine Arbeit und mein Einsatz lohnen.


Die Drahtex AG realisierte unter anderem die Glasfasertechnik für den Gotthard-Basistunnel der Neuen Eisenbahn-Alpentransversale (Neat). Welches sind die Herausforderungen eines so grossen Projekts?

Beim Gotthard-Basistunnel waren es die lange Bauzeit von fast 20 Jahren mit veränderbaren Parametern sowie der Technologiewandel während der Bauphase im Technikbereich. Eine der grössten Herausforderungen war die Logistik bei der Installation.

Welche weiteren grossen Projekte hat die Drahtex AG schon realisiert?

Die aktuellsten grossen Projekte, wo die Drahtex AG die Verbindungstechnik umsetzen durfte, waren der neue Campus für die Pädagogische Hochschule Zürich, der Neubau des Spitals Männedorf, die Erschliessung eines zweiten Rechenzenters für die Jura Elektroapparate AG sowie der Umbau des Toni Areals zum Fachhochschul- Campus «Toni-Areal – das Zentrum für Kunst und Wissenschaft».

 

Wie erarbeitet man sich das Know-how dafür?

In erster Linie machen wir den internen Know-how-Transfer durch monatliche interne Schulungen. Des Weiteren organisieren wir externe Weiterbildungen sowie weltweite Messe- und Projektbesuche.

 

Inwiefern geben Sie dieses Know-how an die Studierenden weiter?

Mein Know-how gebe ich praxisorientiert an meine Studierenden weiter. Sie dürfen auch sämtliche Unterlagen von mir haben. Die Ausnahme bilden Projekte, wo ich zur Geheimhaltung verpflichtet bin; in solchen Fällen darf ich keine Unterlagen weitergeben. Ich erzähle meinen Studierenden auch von meinen positiven und negativen Erfahrungen und wo ich Lehrgeld bezahlen musste.

 

Wie beeinflusst Ihre Lehrtätigkeit Ihre Arbeit als Geschäftsführer?

Sehr positiv. Die didaktische Hochschulausbildung kann ich auch bei Auftritten als Geschäftsführer anwenden. Des Weiteren lerne ich viel von meinen Studierenden und muss mich als Lehrbeauftragter und Dozent ständig weiterbilden, denn die Technik bleibt nicht stehen. Dadurch bin ich auch als Geschäftsführer fachlich immer auf dem neusten Stand. Weiter ist das Ansehen als Geschäftsführer noch grösser, wenn man an der Hochschule Luzern unterrichtet. Darüber hinaus verfüge ich über ein grosses Netzwerk, bestehend aus meinen aktuellen und ehemaligen Studierenden. Das ist ein bedeutender Pluspunkt.

 

Sie haben ursprünglich Elektriker gelernt. Was hat Sie motiviert, den Studiengang «Techniker HF Informationstechnik» zu absolvieren?

Ich wollte mich technisch weiterbilden und damit auch beruflich weiterkommen. Die Fachrichtung Informationstechnik habe ich gewählt, weil mich die Elektrotechnik wie auch die Informatik interessierten.

 

Was verbindet Sie mit dem ODEC?

Ich bin seit bald 20 Jahren beim ODEC. Nach meinem Abschluss als Techniker TS im Jahr 1995 wollte ich weiterhin den Kontakt zu anderen Technikern TS pflegen. Aus diesem Grund bin ich 1996 dem Schweizerischen Verband der Techniker TS – so hiess der ODEC damals – beigetreten. Ich schätze, dass der Verband das Register HF führt und dass eine Diplomkopie des HF-Studiums beim ODEC hinterlegt ist.

 

Privatleben, Beruf und Weiterbildung unter einen Hut zu bringen, ist eine grosse Herausforderung. Worauf mussten Sie verzichten?

Meine Weiterbildungen habe ich berufsbegleitend zwischen meinem 23. nd 37. Lebensjahr abgeschlossen. Zuletzt kam der Executive Master dazu. Teilweise absolvierte ich zwei Studiengänge zusammen. In dieser Zeit musste ich, teilweise auch heute noch, auf mein Privatleben verzichten. Denn als Geschäftsführer der Drahtex AG, Teilhaber der Protaris AG, Dozent der Höheren Fachschule Uster und Lehrbeauftragter der Hochschule Luzern sowie Prüfungsexperte beim VSEI (Verband Schweizerischer Elektroinstallationsfirmen,

Anm. d. Red.) bin ich auf vielen Gebieten tätig. Dies hat mich veranlasst, den Sonntag als Familientag zu reservieren – an diesem Tag bleibt die «Türe» zum Berufsleben etc. geschlossen und ich bin nur für meine Familie da.

 

Ein Studienabschluss allein bietet keine Garantie für ein erfolgreiches Berufsleben. Was brauchte es sonst noch, damit Sie sich auf dem Arbeitsmarkt behaupten und weiter entwickeln konnten?

Der Studienabschluss bringt einen Rucksack gefüllt mit Know-how und Theorie. Leider lässt sich die Theorie in der Praxis nicht immer umsetzen. Man muss auch als Arbeitnehmer denken und handeln, als wäre die Firma, für die man tätig ist, das eigene Unternehmen, mit welchem man seine Familie ernähren muss. Weiter muss man aus seinen Fehlern lernen und sich durchsetzen können. Es braucht grossen Willen und Ehrgeiz, und man muss immer etwas mehr machen, als von einem verlangt wird! Zum Schluss benötigt es noch eine Strategie. Mein Motto lautet: «Erfolg haben muss man wollen.»













Heute sind Sie Geschäftsführer und Lehrbeauftragter. Inwiefern verdanken Sie diesen Erfolg dem Studium an der Höheren Fachschule?

An der Höheren Fachschule habe ich mein technisches Grundwissen erlernt, was mir bei beiden Jobs noch heute oft hilft. Dieses Studium war der Grundstein zu meinem Erfolg. Ohne diesen Abschluss hätte ich kein Nachdiplomstudium in Betriebswirtschaft sowie danach den Executive Master abschliessen können.

 

Vom Elektriker zum Geschäftsführer – welches Know-how, das Sie damals als Handwerker erlernten, können Sie in Ihrem heutigen Arbeitsalltag einsetzen?

Ich habe heute immer noch den Bezug zur Praxis und verstehe die Probleme und Bedürfnisse der Elektriker, die heute ja meine Hauptkunden sind. Dies macht mir das Leben als Geschäftsführer einfacher, da ich die gleiche Sprache sprechen kann wie sie.


Weiterbildung ist Ihnen wichtig. Was unternehmen Sie, damit sich Ihre Mitarbeitenden weiterbilden können?

Alle Mitarbeitenden, welche neu bei uns starten, dürfen als Fachhörer an der Höheren Fachschule in Uster bei meinem Unterricht «Netzwerkstrukturen und Verkabelung **» teilnehmen. Weiter haben wir im Herbst 2014 ein eigenes Schulungszentrum in unseren Geschäftsräumlichkeiten in Wallisellen eröffnet. Dieses bietet 15 unterschiedliche Kurse von LWL-Spleisstechnik und Messtechnik über Netzwerkgrundlagen bis zum Selbst- und Aufgabenmanagement mit Unterstützung von Outlook. Diese Kurse stehen auch meinen Mitarbeitenden kostenlos zur Verfügung. Weiter beteiligen wir uns finanziell an der Weiterbildung aller unserer Mitarbeitenden, sofern diese einen Bezug zu ihrer Arbeit hat.


Sie haben schon zahlreiche Weiterbildungen absolviert. Welche Lernmethode können Sie besonders empfehlen?

Während des Unterrichts hebe ich die wichtigsten Teile des Textes mit verschiedenen Farben hervor, mache eigene Notizen und strukturiere diese auch mit verschiedenen Farben. Das Titelblatt gliedere

ich so, dass ich einen Teil mit einem Glossar, einen weiteren mit «Zentrale Einsichten» sowie einen dritten mit «Werkzeuge» beschrifte. Danach kann ich unterhalb dieser Titel meine Texte schreiben. Nach dem Unterricht mache ich immer eine Zusammenfassung sowie ein Mindmap. Muss ich auf eine Prüfung lernen, erstelle ich mir einen Lernplan mit Zielen.


Wie und wo können Sie sich erholen und abschalten?

Mit meiner Familie bei einem Ausflug, Spaziergang oder beim Wandern. Ansonsten kann ich mich bei einem Treffen mit meinen Freunden, beim Zürcher Silvesterlauf sowie beim Golfspielen sehr gut erholen und vom Geschäftlichen abschalten. Das Golfen macht mir sehr viel Spass, da man sich bei jedem Loch eine neue Strategie ausdenken muss, wie man den Ball geschickt einlochen will.


Die Drahtex AG hat Ende 2014 in Bern eine Niederlassung eröffnet. Welche Ziele möchten Sie in Zukunft mit der Firma noch erreichen?

Das oberste Ziel ist es, die Marke «Telegärtner» unseres deutschen Mutterhauses in der Schweiz bekannt zu machen sowie weitere Marktanteile zu holen.

 

*Steckbrief

Name: Thomas Brodbeck

Jahrgang: 1970

Nationalität: Schweiz

Wohnort: Jona

 

Der nächste Kurs „Netzwerkstrukturen und Verkabelungen“ startet am 10. Mai 2016 (9 Abende jeweils ab 17.50 Uhr an der HBU in Uster)

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