Sorge tragen für den Werkplatz Schweiz
WETZIKON Bei einem Netzwerkanlass in Wetzikon zum Thema «Berufliche Weiterbildung» sprachen verschiedene Referenten über Wege aus dem Fachkräftemangel, darunter auch Swissmem-Präsident Hans Hess.
Gestern Abend veranstaltete der Arbeitgeber-Verband Zürcher Oberland und rechtes Seeufer (AVZO) zusammen mit der Höheren Berufsbildung Uster (HBU) und deren Bildungspartnern einen Netzwerkanlass zum Thema «Berufliche Weiterbildung». In einem Sitzungssaal der Reichle + De Massari AG in Wetzikon boten die Referenten einerseits eine aktuelle Problemanalyse vom Werkplatz Schweiz, um andererseits mögliche Lösungsstrategien zu entwerfen.
Die Hauptreferenten des Anlasses, der sich speziell an Personalverantwortliche und Entscheidungsträger in KMU richtete, waren Swissmem-Präsident Hans Hess und der Human-Resources-Leiter der Ferag AG aus Hinwil, Willi Wengi. Als grösste Herausforderung an den Werkplatz Schweiz nannte Hess die zahlenmässig ausreichende und bedarfsgerechte Ausbildung von genügend qualifizierten Mitarbeitern. Der zunehmend schärfer werdende Fachkräftemangel infolge des demografischen Wandels könne seiner Ansicht nach nicht durch Zuwanderung, sondern in erster Linie nur durch Weiterbildung gelöst werden.
Dreifache Strategie
Hess warb für eine Fachkräftestrategie auf drei Ebenen: Erstens solle der Nachwuchs durch das Wecken des Forschergeists und durch das Aufzeigen von beruflichen Perspektiven gefördert werden. Zweitens nahm Hess die Unternehmen in die Pflicht, neue Arbeitsmodelle zu entwickeln, die eine Vereinbarkeit von Beruf und Familie gewährleisteten sowie Frauen adäquat förderten. Drittens forderte er eine stärkere Berücksichtigung älterer Mitarbeiter beim Gesundheitsmanagement und bei horizontalen Entwicklungsmöglichkeiten im Berufsleben. Die berufliche Weiterbildung müsse den gestiegenen Anforderungen in der Wirtschaft gerecht werden, so Hess. Die Bildungsinstitute seien in der Pflicht, ihre Lehrpläne zusammen mit den Branchenverbänden kontinuierlich anzupassen und die Bildungsgänge auf die Wirtschaftsbedürfnisse zuzuschneiden.
Auf der anderen Seite appellierte Hess an die Arbeitgeber, das Bildungsangebot mitzugestalten und sich für die Förderung der Bildungsangebote ihrer Mitarbeiter aktiv einzusetzen. Rolf Häner teilte als Vertreter der HBU die Einschätzungen von Hess. In einem kurzen Referat identifizierte er zudem den
kaum zu überblickenden «Angebotsdschungel» im Bildungswesen oder die Einzelinteressen von Stakeholdern in diesem Bereich als Defizite von Bildungsanbietern, die es zu lösen gelte.
Mehr Aufklärung
Die berufliche Weiterbildung kann nach Häner ihren Beitrag zur Zukunftsfähigkeit des Werkplatzes Schweiz leisten, wenn sie sich stärker vernetze, ihre Bildungsangebote schärfe und ihr Engagement im Bereich Marketing und Aufklärung erhöhe. Anschliessend räumte Jürg Neff, Geschäftsführer des AVZO, die herausragende Bedeutung von Forschung, etwa im Bereich der Krebsbehandlung, ein. Dennoch müsse man das Bildungssystem wirtschaftsgerecht erneuern: «Der Werkplatz Schweiz lebt vom Know-how, das in der Berufsbildung umgesetzt wird.» Neff nahm die Unternehmen in die Pflicht, die Anforderungen in der Berufsbildung zu definieren und die entsprechenden Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Berufsbildung zu setzen. Den Bildungsinstituten ordnete er die Rolle eines Schwamms zu,
der aufsauge, was die Wirtschaft brauche, und dies in einem adäquaten Bildungsprogramm umsetze. Letztlich komme es auf eine funktionierende Kooperation beider Seiten an, wofür sich der AVZO engagiere, so Neff.
Interne Karriere fördern
Abschliessend lieferte Willi Wengi, selbst Quereinsteiger in der Ferag AG, einen praxisorientierten Beitrag über Erfahrungen in seinem Unternehmen. Er machte darauf aufmerksam, dass viele firmenrelevante Fähigkeiten nicht in der Schule gelehrt würden. Da die Suche nach sogenannten High Potentials für Schlüsselstellen im Unternehmen teuer und schwierig sei, müsse man die interne Karriere der eigenen Mitarbeiter fördern, so Wengi. Die berufliche Weiterbildung sei hier ein entscheidender Faktor, sofern der praktische Nutzen im Vordergrund stehe.
Jörg Marquardt
ZO/AvU, 15.4.2016